Kardinal Emil Paul Tscherrig
Schweiz

Kardinal Emil Tscherrig: Dankbar, aus «Wirrwarr» der 68er-Jahre herausgefunden zu haben

Kardinal Emil Paul Tscherrig feierte in Sitten einen Festgottesdienst. Seine Priesterweihe vor 50 Jahren war für ihn die «Krönung eines langen und schwierigen Entscheidungsprozesses», so Tscherrig. Seine Mission ging bis in die «himmlischen Sphären», sagte Staatsratspräsident Franz Ruppen.

Jacqueline Straub

Sitten ist an diesem Sonntagvormittag in dicke Wolken gehüllt. Doch die Menschenmassen, die auf den Vorplatz der Kathedrale strömen, lassen sich vom Regen nicht die Feststimmung nehmen.

Kardinal Emil Paul Tscherrig beim Einzug in die Kirche
Kardinal Emil Paul Tscherrig beim Einzug in die Kirche

Der Grund: Ein Besuch des Schweizer Kardinals Emil Paul Tscherrig. Er wurde am 30. September 2023 von Papst Franziskus zum Kardinal ernannt. Und vor 50 Jahren wurde er in der Kathedrale von Sitten zum Priester geweiht.

Zusammen mit ehemaligen Schweizergardisten, der Studentenverbindung Sectio Brigensis und unzähligen Priestern des Bistums zieht Kardinal Emil Paul Tscherrig in die Kathedrale ein.

Grosser Einzug in die Kathedrale
Grosser Einzug in die Kathedrale

«Sie haben Unterems und Ihre grosse Familie verlassen. Der Ruf des Evangeliums hat Sie in alle Ecken der Welt geführt», sagt der Sittener Bischof Jean-Marie Lovey zu Beginn des Gottesdienstes über die Arbeit des ehemaligen Nuntius Tscherrig.  

Ganz Wallis in der Kathedrale

Zum Gottesdienst ist auch der Apostolische Nuntius in der Schweiz, Erzbischof Martin Krebs, gereist. Auch Alt-Bischof Norbert Brunner ist vor Ort, sowie Jean-Pierre Voutaz, Propst der Chorherren vom Grossen St. Bernhard. Ebenso Staatsratspräsident Franz Ruppen, Ständerat Beat Rieder, Mitglieder des Staatsrates des Kanton Wallis und des Grossen Rates wohnen dem hohen Besuch bei.

Kardinal Tscherrig
Kardinal Tscherrig

Mit Blick auf sein 50-jähriges Priesterjubiläum drückt Kardinal Emil Paul Tscherrig seine tiefe Dankbarkeit aus. In seiner Predigt geht er auf die Worte von Papst Franziskus beim Konsistorium im September 2023 ein. Dort rief Franziskus die neuen Kardinäle auf, ihre Berufung und Sendung in der Kirche und für die Kirche zu erneuern. «Der Heilige Geist kam an Pfingsten auf alle herab. Alle verstanden die Botschaft Jesu», so Tscherrig.

«Auch wir haben, in den Worten des Papstes, das Evangelium in unserer Sprache und Tradition empfangen. Dies ist ein Grund für uns alle, dankbar zu sein für das Geschenk des Glaubens», so Kardinal Emil Paul Tscherrig.

Priesterweihe war Krönung

Auch dankt er in seiner Predigt seinen verstorbenen Eltern, die ihn und seine Geschwister im Glauben erzogen haben. «Ihnen bin ich zu ewigem Dank verpflichtet.» Er erinnerte sich auch «in tiefere Dankbarkeit» an die Frauen und Männer in seinem Dorf und seiner Pfarrei, «die uns durch ihr Beispiel den Glauben vorgelebt haben, sowie an meine Lehrer, unsere Priester, und die vielen lieben Menschen – von denen einige heute hier anwesend sind – die mich durch ihre Freundschaft, ihr Gebet und Opfer bis zum heutigen Tag unterstützt und begleitet haben.»

Der Chor in der Kathedrale von Sitten
Der Chor in der Kathedrale von Sitten

Dank spricht Kardinal Tscherrig auch Gott aus, denn ihm sei es zu verdanken, dass er vor 50 Jahren Priester wurde. Seine Priesterweihe war «sozusagen die Krönung eines langen und schwierigen Entscheidungsprozesses».

In den 68er-Jahren wollten die jungen, freiheitsliebenden Menschen sich von allen traditionellen Autoritäten befreien, so der Kardinal. «In diesem Durcheinander von Vorschlägen, Ideen und Ideologien gehörte die Einladung, sich Gott zu widmen, sicherlich nicht zu den attraktivsten.»

Ein Junge trägt die Fürbitten auf deutsch und französisch vor
Ein Junge trägt die Fürbitten auf deutsch und französisch vor

Noch heute ist er seinen geistlichen Begleitern dankbar, dass sie ihm geholfen haben, «aus diesem Wirrwarr» zu finden. «Sie haben mir gezeigt, dass der Weg zur wahren Freiheit nicht darin bestand, zu tun und zu lassen, was mir gefiel, sondern mein Leben in die Hände des Höchsten der Herren zu legen und seinen Willen zu tun.»

Diese Erkenntnis gehört zu einer der schönsten Erfahrungen seines Lebens. «Es war der Tag, an dem ich frei wurde: Nun war ich auch bereit zum Gehorsam und zu tun, was immer von mir verlangt würde.»

Ehrenspalier in der Kathedrale
Ehrenspalier in der Kathedrale

Der Hauptakteur in allem Handeln sei der Heilige Geist, so Kardinal Emil Tscherrig. «Selbst wenn wir uns von ihm entfernt haben, indem wir unsere eigenen Ziele verfolgt haben, bleibt Gott uns treu und seine Barmherzigkeit und Geduld kennen keine Grenzen.»

Staatsratspräsident Franz Ruppen
Staatsratspräsident Franz Ruppen

Staatsratspräsident Franz Ruppen richtet am Ende des Gottesdienstes noch ein paar Worte an Kardinal Emil Paul Tscherrig. «Freude herrscht», sagte er und zitierte damit Alt-Bundesrat Adolf Ogi, der dies 1992 bei einem Gespräch mit Astronaut Claude Nicollier sagte. «Heute feiern wir zwar keinen Astronauten, sondern einen Kardinal, dessen Mission bis in die himmlischen Sphären geht.» Eine solche Ernennung tue gut, so Franz Ruppen. Nicht nur, weil es Emil Paul Tscherrig ehrt, sondern auch seine Heimat, mit der er immer verbunden blieb. «Wir sind stolz auf Sie.»

Anzeige ↓ Anzeige ↑

Kardinal Emil Paul Tscherrig | © Jacqueline Straub
2. Juni 2024 | 17:00
Lesezeit: ca. 3 Min.
Teilen Sie diesen Artikel!