Ansprache von Papst Johannes Paul beim Besuch 1984 in Genf.
Vatikan

Johannes Paul II. sah Missbrauch nicht als Priorität

Das Unterschätzen der sexuellen Missbrauchskrise war nach Einschätzung des Journalisten und Autors Matthias Drobinski der grösste Fehler von Papst Johannes Paul II. (1978-2005).

 »Was diesen Papst im Kampf gegen die Kommunisten stark machte, führte im Umgang mit der sexuellen Gewalt in die Katastrophe», sagte Autor Matthias Drobinski im Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) über Papst Johannes Paul II.

«Unter dem Strich war für ihn eine starke, unverwundbare Kirche wichtiger als der Blick auf die Opfer», so Drobinski. An vielen Beispielen könne man sehen, dass Johannes Paul II. «alle Zeichen übersah: beim Wiener Kardinal Hans Hermann Groer; in Boston 2002; am dramatischsten im Umgang mit Marcial Maciel». Der Papst habe den Gründer der Legionäre Christi geschützt, «obwohl es schon früh glaubwürdige Zeugenaussagen gab, dass dieser Mann ein Gewalttäter war».

«Taktisches Argument stärker»

Maciel (1920-2008) habe der Kirche eine Art Kampftruppe zur Seite gestellt, so Drobinski; »er stand auf der Seite des Papstes». Da sei das «taktische Argument» stärker gewesen, «sich nicht durch das Einräumen von Schwäche und verbrecherischen Strukturen spalten zu lassen».

Gemeinsam mit dem langjährigen Osteuropa-Korrespondenten Thomas Urban hat Drobinski, Kirchenexperte der «Süddeutschen Zeitung», eine neue Biografie zum 100. Geburtstag von Karol Wojtyla/Papst Johannes Paul II. (18. Mai) vorgelegt. Die Hauptthese des Buches lautet, Johannes Paul II. sei Revolutionär und Reaktionär in einer Person gewesen. (kna)

Ansprache von Papst Johannes Paul beim Besuch 1984 in Genf. | © Pfarrblatt Bern | © Pfarrblatt Bern
19. März 2020 | 15:23
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